
Joachim Meyerhoff, mehrfach ausgezeichneter Schauspieler aus Schleswig, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sein Leben darzulegen. Mit dem jüngst erschienenen sechsten Band seiner Alle Toten fliegen hoch-Reihe – Man kann auch in die Höhe fallen – hat er wieder ein Buch voller Geschichten vorgelegt. Gut an der Reihe ist, dass man nicht chronologisch lesen muss. Für mich war Band sechs der Einstieg. Ob noch andere Folgen?
Meyerhoff schildert, wie er seine Mutter in Schleswig-Holstein besucht. Es ist kein normaler Familienbesuch, denn der Schauspieler flieht aus Berlin. Er flieht vor seiner Familie und vor seiner Arbeit. Auf den Punkt gebracht: Er hat Scheiße gebaut. Seine Mutter wohnt in einer Gut-ähnlichen Situation mit viel Land ums Haus. Hier inmitten der Landschaft findet er die Ruhe, um an seine Schreibblockade zu lösen. Er überwindet sie und hält Geschichten aus seinem Leben fest.
Dabei ist nicht alles gelungen, was Meyerhoff da an Erinnerungen zu Tage fördert. Einiges zieht sich wie die Geschichten, die einem auf Familienfeiern zugemutet werden und man denkt: „Nun komm schon auf den Punkt Onkel Helmut und zieh es nicht so in die Länge!“ Oder andere Geschichten brachten mich beim Lesen so in Rage, dass ich das Buch schon weglegen wollte. „So dusselig kann man doch gar nicht sein!“ fluchte ich vor mich hin. Anderes – und hierbei handelt es sich im Wesentlichen um seine Erinnerungen aus der Schauspielerei – hat mich beim Lesen lauthals zum Lachen gebracht. Da wäre beispielsweise die Episode über das Verhältnis von Schauspielern zu den jährlichen Weihnachtsmärchen zu nennen oder die Sequenzen, in denen er von Pannen erzählt, die auf oder hinter der Bühne passiert sind.
Meyerhoff ist in seinen Schilderungen um größtmögliche Authentizität bemüht. Ich nehme ihm seine Geschichten ab. Keine wirkt so überzogen, dass ich beim Lesen gedacht hätte „Ach komm…“ – mit einer Ausnahme: die Beschreibung seiner 86-jährigen Mutter. Mein Vater ist in einem ähnlichen Alter und ich halte ihn für sehr fit, aber sie arbeitet hart körperlich im Garten, backt nebenbei einen Kuchen, har für den Nachmittag ein paar Freudinnen zu Kaffee und Kuchen eingeladen, um dann abends mit einer Poolnudel im See zu treiben und sich so schwimmend einen Whiskey zu gönnen. Bei allem Glauben an seine Ehrlichkeit, aber das Bild seiner energiegeladenen Mutter, die alles kann, alles macht, nehme ich ihm nicht ab. Sie erinnerte mich eher an so Pixibücher meiner Kindheit mit dem Titel Ein Tag im Garten mit Oma oder sowas.
Joachim Meyerhoffs Man kann auch in die Höhe fallen ist ein gut lesbares Sammelsurium von Anekdoten aus dem Leben eines Schauspielers. Ob ich noch weitere lesen werde, lass ich mal offen. Denn wie bei so Sammlungen üblich, gefällt nicht alles, aber Schreibstil und Unterhaltungswert rechtfertigen acht von zehn Sinnkrisen.
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