Durchgelesen und drüber nachgedacht – Teil 71
- berndhinrichs
- 2. Juli 2023
- 2 Min. Lesezeit

Wohin hat uns die „Büchergilde unterwegs“-Reihe nicht schon überall mit hingenommen. Wir waren mit den Mann-Geschwistern an der Riviera, entdeckten mit Oma Dohm ein Ostseebad, durchstöberten mit Sacks die Farnlandschaft und und und. Fast alles schöne Reiseberichte. Und nun, nach über zehn Reiseberichten, Klassikern und Novellen kommt mit Alain de Botton eine eher theoretische Abhandlung zur Kunst des Reisens. „Aha“, dachte ich zuerst, „nun erfahre ich endlich, warum wir den ganzen Zauber veranstalten“ und stellte mich auf eine entsprechend langweilige Lektüre ein (ein Nichterwerb kam aber nicht in Frage, da ich ja alle andere Bände bereits im Schrank habe – ich bin ja schließlich auch bibliophiler Sammler). Aber de Botton – ein Schweizer Schriftsteller, Journalist, Fernsehproduzent und Vielreisender – überraschte mich mit vielerlei geistreichen Anmerkungen. Er nähert sich dem Phänomen „Reisen“ aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln: Erwartungen an die Reise, Landschaften, Gründe für die Reise, Künstler und Reisen und natürlich auch die Rückkehr. Dabei verwebt er unterhaltsam eigene Erlebnisse, mit denen von historischen Persönlichkeiten. Wir begleiten beispielsweise den französischen Schriftsteller Joris-Karl Huysmans, Gustav Flaubert (von dem ich gar nicht wusste, wie sehr er sein Heimatland gehasst hat) oder auch Vincent van Gogh. Alles sehr locker und informativ erzählt. Einzig das erste Kapitel „Abreise“ fand ich etwas langatmig. Gut aber, dass ich mich nicht abschrecken ließ, meine Koffer gepackt, die Mütze gerichtet und den Seesack geschultert habe, um de Botton zu folgen. Für Nachreisende würde ich daher empfehlen: Startet mit Kapitel vier „Über Wissbegierde“ und seid mit Alexander von Humboldt unterwegs. Sehr fesselnd. Der schöne Band ist auch im S. Fischer Verlag als Taschenbuch erschienen. Ich gebe acht von zehn All-inclusiv-Trips und mache mich gleich mal auf den Weg nach Polynesien.
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