Letztens war ich für ein paar Jahre mit den Kölner Wittmers auf Floreana, einer Insel, die zum Galapagos-Archipel gehört. Vom August 1932 bis 1959 habe ich da mit ihnen verbracht. Heinz und Margret Wittmer sowie Heinz´ Sohn Harry. Eine wirklich taffe Familie. Magret wagte den Schritt, obwohl sie bereits bei ihrer Ankunft schwanger war. Zwei Kinder gebar sie hier. In völliger Einsamkeit. Nur ein dubioser Zahnarzt mit Namen Ritter und seine Frau wohnten bereits hier. Ihre Erinnerungen hat sie in dem Reisebericht Postlagernd Floreana niedergeschrieben, der jüngst neu bei der Büchergilde Gutenberg erschienen ist, aber auch antiquarisch als Taschenbuch erhältlich ist.
Ich bin mit der Familie mitgegangen, deren Nachfahren übrigens noch immer hier wohnen, weil ich Robinsonaden so mag. Zwar bin ich beim Namensgeber gescheitert, aber ich erinnere mich gerne an meine Zeit mit Cyrus Smith, Nab, Gedeon Spilett, Pencroff und Harbert sowie Top oder auch an Typee von Hermann Melville. Dieses Mal also mit den Wittmers aus Köln. Wobei eine richtige Robinsonade ist es eigentlich nicht. Wie Margret in ihrem Bericht schildert, ist alle Hand los. Der Start ist verständlicherweise etwas schwierig. Wir müssen eine Unterkunft finden, wir müssen unsere Gemüse selber anbauen und dann auch noch mit dem wirklich merkwürdigen Ritters auskommen. Viele Herausforderungen gleich vom Start weg. Margret und ich stellen uns die gleiche Frage: Ob das hier das richtige für uns ist? Richtig anstrengend wird es dann aber, als hier eine merkwürdige Baronin mit ihrem Lebensgefährten Philippson und ihrem Diener Lorenz anlandet. Das eskalierte zur Galapagos-Affäre, die international die Zeitungslandschaft prägte. Denn nachdem die Baronin einige Zeit mit uns auf der Insel gewohnt hat, immer im Streit mit ihrem Diener, besuchte sie uns eines Tages, um mitzuteilen, dass sie und Philippson die Insel verlassen werden. Dies war das letzte Mal, dass die Baronin lebend gesehen wurde. Sie und Philippson verschwanden spurlos. Lorenz verkaufte daraufhin ihr Eigentum und verließ im Juli 1934 die Insel nach Santa Cruz. Er plante nach Europa zurückzukehren. Allerdings erreichte er nie Festland. Am 17. November 1934 wurde seine Leiche und die des Kapitäns des Schiffs, das ihn von Floreana mitgenommen hatte auf der unbewohnten Insel Marchena gefunden. Das Boot und ein Besatzungsmitglied blieben für immer verschwunden. Und schließlich starb im November 1934 auch noch Ritter auf Floreana an einer Lebensmittelvergiftung. Alles sehr geheimnisvoll – und dabei so wahr!
Magret hat ihren Lebensbericht in einer klaren und verständlichen Sprache abgefasst. Sie hält sich nicht lange mit Landschaftsbeschreibungen oder dergleichen auf, sondern gibt einen kurzweiligen Einblick in ihr Inselleben. Spannend ist, dass der damalige Geschäftsführer der Büchergilde Gutenberg sie zu dieser Niederschrift ermutigte. Beide hatten sich in Deutschland auf einem Empfang kennengelernt. Gerne hätte ich noch mehr Foto gesehen. Der Band enthält lediglich zwei oder drei Aufnahmen. Aber auch nicht so wichtig, denn die Schilderungen von Magret sind tief genug, um sich die Details sehr gut vorstellen zu können. Ich habe mit Ihr alle Höhen und Tiefen erlebt. Vor den schönen Erfolgen als Bauer und Viehhirte, aber auch von dramatisch tragischen Schicksalsschlägen. Die Jahre auf der Insel haben einiges für uns bereitgehalten.
Für solche Geschichten wurde die Unterwegs-Reihe in der Büchergilde ins Leben gerufen. Spannend, exotisch und ungemein fesselnd. Ich vergebe in dieser Reihe gerne wieder einmal zehn von zehn Konservendosen.
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