Jeder hat so seine Sehnsuchtsorte – Landschaften oder Städte, die eine magische Faszination ausüben. Für mich zählt Südamerika zweifelsohne dazu. Angestachelt von „Tim und Struppi – Der Sonnentempel“, den Reisebeschreibungen von Alexander von Humboldts oder auch nur durch die kurze Stippvisite einer illustren Reisegruppe um Lord Glenarvan in Jules Vernes „Die Kinder des Kapitän Grant“. Mit Südamerika verbinde ich endlose Weiten, Pampa, Dschungel, Abenteuer, Farben, Inka und alte Hochkulturen. Umso entzückter war ich, als die Büchergilde Gutenberg beschlossen hat, in ihrer Unterwegs-Reihe den kleinen Band von Patrick Leigh Fermor aufzunehmen. Der englischen Reiseschriftsteller reiste zu Beginn der 1970er-Jahre mit ein paar Freunden in die Anden zum Bergsteigen und an den Titicacasee. Von diesem insgesamt sechswöchigen Trip schreibt er seiner Frau drei Briefe ins beschauliche England, die in diesem schmalen Band abgedruckt sind. Es ist alles drin, was Südamerika für mich ausmacht und noch viel mehr. Wir besteigen gemeinsam Berge – und der Autor ist blutiger Anfänger, kämpfen uns über Gletscher, lernen unterschiedliche Mentalitäten kennen und erfreuen uns an der Andersartigkeit des Lebens hier. Egal, ob die wenigen Hotels ihre Zimmerreservierungen nicht hinbekommen haben oder mal wieder nur kaltes Wasser zum Duschen zur Verfügung steht: Fermor erduldet alles gelassen, saugt den Kontinent auf und überträgt seine Begeisterung auf uns. Deshalb haben die sechs Personen für den Eigenbedarf vierzehn Flaschen Whiskey im Gepäck. Und das Schöne: Nach jedem bestandenen Abenteuer sitzt die kleine Gruppe zusammen und trinkt abends erstmal einen Whiskey. Hunderttausend Höllenhunde! Fermor hat den Kontinent nicht weniger zu einem Sehnsuchtsort gemacht für mich und sein Text birgt die Gefahr, dass auch andere Leser von Fernweh gepackt werden. Ich gebe acht von zehn Haddocks.
berndhinrichs
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