Durchgelesen und mit Dinos gelebt – Teil 191
- berndhinrichs
- 7. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

Kindliche Faszination – und ein Wiedersehen
Schon als Kind war ich fasziniert von Dinosauriern. Diese Mischung aus Fremdheit und Urgewalt hat mich nie mehr losgelassen. Ich habe unzählige Bücher darüber verschlungen, die Namen fehlerfrei aufsagen können – Stegosaurus, Ankylosaurus, Deinonychus – und spätestens mit Michael Crichtons Jurassic Park war das Feuer endgültig entfacht. Der Film kam später, aber in meinem Kopf war die Welt der Saurier da längst lebendig: dampfende Urwälder, donnernde Schritte, klackende Zähne – eine vergessene Welt.
Dass ich Jahrzehnte später einem Paläontologen wie Steve Brusatte begegne, der dieses Thema nicht nur beherrscht, sondern regelrecht durchdringt – das fühlt sich an wie ein Wiedersehen mit etwas, das nie wirklich weg war.
Ein Buch wie eine Erdzeitreise
In Aufstieg und Fall der Dinosaurier nimmt Steve Brusatte einen mit auf eine Reise durch rund 200 Millionen Jahre Erdgeschichte – und macht dabei klar: Dinosaurier sind viel mehr als prähistorische Monster. Sie waren anpassungsfähig, vielfältig, in vielen Fällen hochentwickelt – und manche leben bis heute unter uns weiter, in Gestalt der Vögel.
Brusatte erzählt diese Geschichte nicht wie ein staubtrockener Lehrbuchautor, sondern wie jemand, der selbst noch immer staunt. Er beginnt bei den eher unscheinbaren Ursprüngen der Dinos im Trias – kleine, flinke Tiere, keine kolossalen Jäger – und folgt ihrem Weg bis hin zu den Giganten des Jura und der Kreidezeit. Er zeigt, wie sie zu beherrschenden Landtieren wurden, warum sie so erfolgreich waren – und schließlich, wie ein kosmischer Einschlag ihr Ende besiegelte.
Zwischen Fossilien, Forscherteams und Forschungstechnik
Aber das ist nur die Oberfläche. Denn zwischen Fossilien und Forschungsstationen, CT-Scans und Feldarbeiten, erzählt Brusatte auch von Menschen: von seinen Kolleginnen und Kollegen, von seinen Funden in China oder Argentinien, und immer wieder auch von seinem eigenen Weg in die Paläontologie. Das macht dieses Buch nicht nur informativ, sondern erstaunlich lebendig.
Brusatte liefert mehr als nur eine Geschichte der Dinosaurier. Er lässt uns teilhaben an Forschungsgeschichte – vom sogenannten Dinosaurierkrieg gegen Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts in den Weiten des Westens der USA bis hin zur Fossilienjagd mit neuesten technischen Geräten.
Klar strukturiert – aber nie trocken
Was mir besonders gefallen hat: Das Buch folgt keinem trockenen Schema, sondern liest sich wie eine Reise in Etappen. Jeder Abschnitt konzentriert sich auf eine Phase der Dinosauriergeschichte – vom Aufstieg der ersten, oft übersehenen Arten im Trias über das goldene Zeitalter der großen Pflanzen- und Fleischfresser bis hin zum schlagartigen Ende durch den berühmten Asteroideneinschlag.
Und auch danach geht es weiter: Brusatte widmet dem Übergang zur Herrschaft der Säugetiere ebenso Raum wie der Erkenntnis, dass wir Vögel heute als letzte überlebende Dinosaurier betrachten müssen. Dazwischen streut er immer wieder aktuelle Forschung ein – etwa wie neue Technologien Fossilien durchleuchten oder wie sich paläontologische Theorien in den letzten Jahren verändert haben.
Das alles ist klug sortiert, aber nie verkopft. Man hat nicht das Gefühl, ein Lexikon zu lesen, sondern eher einem enthusiastischen Forscher zuzuhören, der einem in seinem Notizbuch blättern lässt. Klar schießt er emotional dabei ab und zu übers Ziel hinaus: Seine mitunter lebhaften Schilderungen muss man mögen – mir hat es gefallen.
Fazit: Wissenschaft zum Aufklappen
Für mich war das Buch natürlich ein Gewinn – schon allein, weil das Thema ein Heimspiel ist. Aber selbst mit viel Vorwissen hatte ich beim Lesen das Gefühl, noch mal einen frischen Blick auf die Sache zu bekommen.
Steve Brusatte schafft es, komplexe Zusammenhänge klar und ohne jede Herablassung zu erklären. Seine Sprache ist zugänglich, aber nie banal.
10 von 10 Velociraptoren.
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