Herbert Clyde Lewis Buch “Gentleman über Bord“ dürfte die Entdeckung des Sommers sein. Die Geschichte des New Yorker Geschäftsmanns, der während einer Schiffsreise von Hawaii nach Panama mitten auf dem Pazifischen Ozean über Bord geht, wurde hierzulande vom Feuilleton begeistert aufgenommen. Der kurze Roman (160 Seiten) ist bereits 1937 erschienen und liegt bei Mare nun endlich auf Deutsch und dazu noch in einer wohlfeilen Ausgabe vor – inklusive Fadenheftung, Schuber, hochwertigem Papier und unverschämt gutem Druckbild. Das ich mich auch von der unsäglichen Elke Heidenreich („Das ist das Beste, was ich seit Jahren gelesen habe!”) nicht habe abschrecken lassen, zahlt mir der Band tausendfach zurück. Lewis nimmt die bonierte Versnobtheit eines erfolgreichen Geschäftsmanns auf Korn, der etwa kurz nach seinem Sturz in den Ozean nicht um Hilfe rufen will, weil er einen Skandal wegen seiner Schusseligkeit befürchtet. Erst nach und nach wird ihm die Ausweglosigkeit seiner Situation bewusst. Aber natürlich ist er Manns genug, die Hoffnung nicht aufzugeben und auf Rettung zu warten. Mal komisch und dann wieder traurig skizziert Lewis seinen Protagonisten, lässt uns in Rückblenden teilhaben an seinem Leben und gewährt auch einen Einblick in das Bordleben, wie es ohne ihn weitergeht. Zunächst dachte ich, dass das Buch ähnlich enden wird wie William Goldings „Pincher Martin“ (Dt. „Felsen des zweiten Todes“) – aber, soviel kann ich vorwegnehmen, das tut es nicht. Ich habe mich sehr amüsiert und danke dem Mare Verlag dafür, dass er nicht nur literarische Schätze in den diesbezüglich enttäuschenden Sommer hebt, sondern auch dafür, dass er seine Klassiker-Reihe in dieser wundervollen Aufmachung herausbringt. Ich gebe zehn von zehn Schwimmwesten.
berndhinrichs
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