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berndhinrichs

Durchgelesen und in Reha gewesen – Teil 56


Thomas Mann ist ein Schwätzer. Das dürfte nach der Lektüre des Zauberbergs klar sein. Was er uns da an Dialogen zwischen Settembrini und Naphta zumutet, ist schon schwere Kost. Ich musste an meinen Biologielehrer denken, der uns bei der Lektüre von Karl May empfahl, die unsinnigen und überaus langweiligen Landschaftsbeschreibungen einfach zu überschlagen. Das Konzentrat, das dann übrigbleibt, sei klasse. Ähnliches würde ich beim Zauberberg empfehlen. Immer wenn einer der beiden obrigen Herren die Szene betritt – umblättern. Ich habe mich selbstverständlich durch die Dialoge gebissen und ja, sie haben ihre Berechtigung, aber mal ehrlich Thomas (möchte ich sagen), das hätte man auch eloquenter und fesselnder schreiben können. Wie auch immer. Das der Roman trotzdem eine hohe Punktzahl erreicht, liegt vor allem an der Genialität des Schriftstellers, der mit seiner Beobachtungsgabe Schilderungen von Personen und Situationen abgibt, die unglaublich lustig und spannend sind. Mann ist ein Meister im sehr feinen, ironischen Stil. Sicher, das ist nicht neu, aber im Zauberberg hat er es wieder einmal mit Bravour unter Beweis gestellt. Ich bin froh, dass es noch so viel von ihm für mich zu entdecken gibt. Die Frankfurter Ausgabe seiner Werke bildet dafür den passenden Rahmen. Ich gebe – trotz der beschriebenen Längen – satte 9 von 10 Liegekuren.

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