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berndhinrichs

Durchgelesen und Lektüre fürs Public Viewing entdeckt – Teil 133




Deutschland ist im Fußballfieber. Im Büro, im Netz, auf dem Spielplatz und natürlich abends beim Wein: Überall wird über Aufstellungen, Taktiken und Fouls diskutiert. EM im eigenen Land halt. Kaum einer weiß aber, wann und gegen wen die deutsche Nationalmannschaft den höchsten Sieg bisher eingefahren hat. Das war ein sattes 16:0 gegen Russland. 1912 bei der Olympiade in Stockholm. Dem Team und den Umständen hat Dietmar Sous jetzt in seiner kleinen Erzählung „16:0“ ein Denkmal gesetzt.


Er beschreibt die Ereignisse um das Spiel aus Sicht des Torhüters Adolf „Adsch“ Werner, der es zur Legende bringen sollte. 1912 war er allerdings noch als Schornsteinfeger tätig, litt unter Höhenangst und kickte nebenher für Holstein Kiel. Es ist eine Stärke des Buches, dass Sous nicht nur von den Anfängen des Ballsportes in Deutschland berichtet, sondern auch eine Innenansicht aus dem Deutschen Kaiserreich abliefert. Leider – und das ist der einzige Nachteil, den das Werk hat – ist die Erzählung mit rund 100 Seiten viel zu kurz. Ich hätte gerne noch viel mehr erfahren von „Adsch“, dessen politische Heimat in der Klientel der oppositionellen Werftarbeiter zu finden ist, und der für eine damals verbotene Ablösesummer (ein Handgeld) nach Altona wechseln sollte.


Sous nimmt uns mit auf eine zutiefst amüsante Reise, in eine Zeit, als der Fußballsport vor allem noch eines war: Sport. Die Begriffe waren aus dem Englischen entlehnt. Der Verteidiger hieß Defender, Ecke Corner und Elfmeter Penalty. Klar, dass das bei Kaiser Wilhelm zwo nicht gerade auf große Liebe stieß – die Sprache des großen Konkurrenten auf See. Eine Sportart, die also weniger den Mainstream verkörperte, als vielmehr eine kleine Revolution war. Ein Buch voller Anekdoten. Beispielsweise die Geschichte von Gottfried Fuchs, dem 10-fachen Torschütze an diesem Nachmittag in Stockholm. Der nach seinem Treffer zum 16:0 mit dem weinenden russischen Torhüter erbarmen hatte und seine Teamkollegen bat, nun keine Tore mehr zu schießen. Mit Dietmar Sous ist genau der passende Erzähler für die Geschichte gefunden. Denn der gebürtige Rheinländer gilt aufgrund seiner Liebe zum Fußball und zur Musik als die deutsche Antwort auf Nick Hornby. Ein Urteil, dem ich mich anschließe. Sous hat die gleiche coole, lockere Art seine Geschichte zu erzählen.


Ich habe wirklich lange nicht mehr so viel Spaß an einer Lektüre gehabt. Von staunendem „Ach was?!“ bis zu schallendem Gelächter war alles dabei. Ein großartiges Buch, das vor dem Public Viewing, im heimischen Garten oder einfach in der Halbzeitpause und danach großartig ist. Volle Punktzahl: zehn von zehn Defender.

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