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Durchgelesen und Menschen auf See gerettet – Teil 165

berndhinrichs



Meine Heimat ist die Waterkant. Aufgewachsen bin ich in dem kleinen Nest Wilhelmshaven – halb friesisch. Das Wasser spielte, solange ich zurückdenken kann die entscheidende Rolle in meinem Leben. Meine Schulzeit habe ich gefühlt auf Wangerooge verbracht. Zu den besten Freunden meiner Eltern gehörten Männer des Meeres und ihre Familien – Kapitäne, Fischer und eben auch ein Seenotretter: Artur Steffens, Vormann der „Eiswette“, die bis Mai 1985 in Wilhelmshaven stationiert war, war einer von ihnen. Es hat mich daher sehr gefreut, dass einer seiner Nachfahren, Dieter Steffens, in dem Band Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze aus dem Ankerherz Verlag aufgenommen wurde.


Der Band Mayday versammelt über 20 Geschichten, die Seenotretter an Bord ihrer Schiffe und daneben erlebt haben. Es sind Geschichten von Rettung und Hoffnung – so wie die von Dieter Steffens, der im August 1990 von einer Monsterwelle über Bord gespült wurde. 45 Minuten kämpfte er ums Überleben, bis es der Gott des Meeres zuließ, dass er gefunden wurde. Es sind aber auch Geschichten von Verlusten – Männer, die auf See blieben, Kinder, die nur noch tot geborgen werden konnten oder verheerenden Seelagen, die aus den Booten Geisterschiffe machten. Denn das Wetter spielt in fast allen Geschichten eine entscheidende Rolle. Aber auch skurrile und komische Szenen finden ihren Weg in die Erinnerungen der Seeretter.


Stefan Kruecken, der die Geschichten gemeinsam mit Jochen Pioch gesammelt und aufgeschrieben hat, findet immer den richtigen Ton. Seine Ich-Erzähler, die Seenotretter, sind sehr darum bemüht, ihren Job herunterzuspielen. Sie helfen Menschen in Seenot. Punkt. Kein Heldentum, keine Verehrung. Im Vorwort zu den Geschichten beklagt Kruecken, dass es in unserer Zeit zu viele falschen Helden gäbe, recht hat er.


Noch ein Wort zur Darstellung. Krueckens Ton ist geradeheraus und auf den Punkt. Es schwingt gerade so viel Pathos mit in seinem Ton, dass es für ein bisschen Gänsehaut sorgt, aber nicht kitschig ist, denn Helden sind in der Seenotrettung nicht gefragt. Immer wieder kommt er auf den Wind, die Wellen und die Gefahren des Wassers zurück. „Schietwedder“ ist allgegenwärtig und nach der Lektüre des Buches sollte es jeder Leser mindestens genauso lieben wie ich.


Wer die Bücher Orkanfahrt und Wellenbrecher, in denen Kapitäne ihre besten Geschichten erzählen, von Kruecken kennt, kann bei Mayday bedenkenlos zugreifen. Wer das Wasser liebt, wer den Menschenschlag an der Küste mag, darf sich auf viele spannende Geschichten freuen. Ich gebe zehn von zehn Gesellschaften.

 
 
 

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