Hand aufs Herz: Wer von Euch kannte Paul Heyse? Hat gar mal etwas von ihm gelesen? Ich bin erst zufällig im letzten Jahr über den ersten deutschen belletristischen Literaturnobelpreisträger (1910) gestolpert. Erstaunlich. Dabei hat Heyse u.a. 200 (!!!) Novellen der Nachwelt hinterlassen. Dazu kommen noch Romane, Theaterstücke und Gedichte. Ein echter Vielschreiber, der im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert so was wie ein Bestsellerautor war. Nun also meine erste Novelle. Sie ist kurzweilig…durchaus. Ich fühlte mich beim Lesen sofort an Schullektüre erinnert. Das macht die Sprache. Alles etwas antiquiert. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein. „Andrea Delfin“ (1860 veröffentlicht) ist eine Geschichte über Rache. Sie spielt in Venedig des 18. Jahrhunderts – das Ende der venezianischen Republik naht. Staatsterror beherrscht das Straßenbild. Mit wenigen Worten gelingt es Heyse beim Leser ein Bild in den Kopf zu setzen. Der Rachefeldzug von Andrea Delfin nimmt natürlich ein tragisches Ende, denn (frei nach Marcel Reich-Ranicki) Literatur unterscheidet sich von Trivialität, durch die Sprache und dadurch das die Protagonisten leiden. Beides trifft vollends zu. Und das ganze dann noch in einer wunderschönen bibliophilen Ausgabe der Büchergilde Gutenberg. Das gibt noch einen Bonuspunkt. Deshalb gebe ich neun von zehn Dogen.
berndhinrichs
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