„Den strahlenden Ostertag habe ich ganz im Freien verbracht, zuerst zwischen Anemonen und Scharbockskraut sitzend, später dann spazierte ich mit den Kleinen zum Hirschwald, um zu sehen, was der Frühling dort vollbracht hatte“. Die Autorin jubelt über die Zeit, „wo das Jahr ungeachtet des Kalenders erst richtig beginnt“. Mit diesen Gedanken schließt Elizabeth von Arnim ihren halbbiographischen Roman Elisabeth und ihr Garten. 1898 als Elizabeth and her german garden im Original erschienen, liegt jetzt in der Insel-Bücherei eine wohlfeile Neuausgabe des Klassikers vor.
Elizabeth von Arnim wurde 1866 als Mary Annette Beauchamp in Australien geboren. Sie war eine Cousine der in Neuseeland geborenen Schriftstellerin Katherine Mansfield. Durch die Heirat mit einem deutschen Aristokraten 1891 verschlug es sie nach Pommern auf ein Landgut. Sie wurde zur Gräfin von Arnim-Schlagenthin. Dort, auf dem Landgut Nassenheide spielt ihr Roman Elizabeth und ihr Garten. In ihm schildert sie mit viel Liebe zum Detail, wie sie sich dem verwilderten Garten des Herrenhauses widmete, wie ihr Alltag aussah, mit welchen Nachbarn sie verkehrt und welchen Besuch sie empfing. Sie tut dies in Form eines Tagebuchs von rund einem Jahr Dauer. Dass spannende dabei ist die Frage, was ist biografisch und was frei erfunden. Ohne die ausführliche Kenntnis ihrer Biografie bleibt dies Spekulation für den Leser. Fest steht hingegen, dass sie alles mit einer herrlich ironischen Feder schreibt, die einer Britin mehr als würdig ist. Ihre misanthropische Art und ihre Hingabe zum Garten geben ihr schnell den Ruf der Exzentrikerin – auch das passend für eine Britin.
Elizabeth und ihr Garten hatte seinen festen Platz in der Buchhandlung meiner Lehrzeit. Nicht zuletzt auch deshalb, weil einer unserer Stammkunden das Buch stets verschenkte – egal zu welchem Anlass. Er schwärmte von diesem Kleinod und nannte es eine Oase. Nach der Lektüre jetzt verstehe ich ihn. Elizabeth von Arnim hat einen literarischen Rückzugsort geschaffen. Mit ihr durch die Schönheit von Blumen, Bäumen und Sträuchern zu wandeln ist Erholung für die Seele. Wer aber glaubt, dass das Buch nur und lediglich Balsam ist, hat seinen Kern nicht verstanden.
Mit spitzer Feder beschreibt die Autorin ihresgleichen: kultivierte und wohlhabende Aristokraten. Dabei ist immer wieder ihr Mann, der im Roman nur „der Grimmige“ genannt wird und nie einen Namen erhält, Zielscheibe ihres feinen Spotts. Sei es seine Einstellung zum Hauspersonal oder zu Frauen, denen zu Recht das Wahlrecht nicht erteilt wird. Schließlich seien sie noch dümmer als Kinder. Als Britin – und wir befinden uns Anfang des 20. Jahrhunderts, die Rivalität zwischen Großbritannien und Deutsches Reich gewinnt immer mehr an Intensität – macht es ihr offensichtlich einen Heidenspaß die Teutonen aus nächster Nähe zu beschreiben. Ihr Zwang zur Ordnung zeigt sich beispielsweise daran, wie Blumenzwiebeln eingesetzt werden – in Reih´ und Glied. Das teutonische Essen, das Wetter und das Verhältnis der Aristokraten zu ihrem Personal werden mit feinen Worten charakterisiert: manchmal bösartig, manchmal hintersinnig, dabei aber immer humorvoll – britisch eben.
Elizabeth von Arnim hatte nach dem Tod ihres Mannes eine dreijährige Affäre mit Herbert George Wells. Nach der Lektüre des Buches glaube ich zu verstehen, was den visionären Frauenhelden an Elizabeth begeisterte. Ich gebe zehn von zehn Rosen.
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