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Durchgelesen und über Hitler gelacht – Teil 167

  • berndhinrichs
  • 9. März
  • 2 Min. Lesezeit



Meine ersten Leseerfahrungen wurden unter anderem von zwei Klassikern geprägt: Max und Moritz sowie Der Struwwelpeter. Ich erinnere mich, dass mich vor allem Letzteres faszinierte wegen seiner oftmals brutalen Darstellungen. Das gerade das Buch des Nervenarztes Heinrich Hoffmann Ziel unzähliger Parodien ist, war mir nicht bewusst. Eine der spannendsten Adaptionen des Hoffmann’schen Stoffes ist Struwwelhitler des britischen Brüderpaares Robert und Philip Spencer.


Struwwelhitler ist eine englische Parodie aus dem Jahr 1941, die Adolf Hitler und sein NS-Regime zum Ziel hat. Wie im Original, das ungehorsame Kinder durch drastische Konsequenzen für ihr Verhalten abschreckt, zeigt „Struwwelhitler“ groteske und überzeichnete Szenen, in denen Hitler und seine Handlanger in absurde und peinliche Situationen geraten. Geschrieben wurde die Parodie von Robert und Philip Spence. Die Illustrationen lehnen sich stark an Hoffmanns Stil an, zeigen aber Figuren wie Hermann Göring oder Joseph Goebbels als unfreiwillige Komiker.


Über Robert und Philip Spence ist wenig bekannt. Robert Spence gelang es, die düsteren realen Figuren wie Hermann Göring und Joseph Goebbels in eine parodistische Welt zu übertragen, die sie der Lächerlichkeit preisgab. Die übertriebene Mimik und Gestik seiner Figuren trugen entscheidend zur Wirkung des Buches bei. Philip Spence hingegen war der Hauptautor des Textes. Er stellte Hitler und seine Handlanger als unverbesserliche, chaotische Kinder dar, die für ihre bösen Taten bestraft werden. Mit viel Wortwitz und scharfer Ironie entlarvte er die Absurdität der nationalsozialistischen Ideologie und der Personen, die sie verkörperten.


Beispielsweise die Geschichte vom Suppen-Kaspar, die wohl bekannteste Szene aus dem Kinderbuchklassiker. Bei den Spencer-Brüdern wird aus dem dicken Buben der dicke Göring (Der Hermann war schön gewichtig // Und außerdem noch morphiumsüchtig). Oder in der Geschichte vom schwarzen Bub. Hoffmann hat sich für sein 1845 veröffentlichtes Buch einen Außenseiter gesucht, der Ziel von Spott wird. Nikolas bestraft die Peiniger, indem er sie in ein Fass mit schwarzer Tinte steckt. Beim Struwwelhitler wird aus Nikolas Joseph Stalin und er bestraft die Nazis, die einen Bolschewiken verhöhnen, indem er sie in rote Tinte taucht.


Wer den Struwwelpeter kennt, wird beim Struwwelhitler – trotz des traurigen Anlasses vor über 80 Jahren – ein ums andere Mal lachen. Um den ganze Sprachwitz zu verstehen, der in dieser Art tatsächlich vermutlich nur von einem englischen Autor verfasst werden kann, empfiehlt es sich, die Originaltexte zu lesen. In der mir vorliegenden Ausgabe hat sich der Verlag zudem die Mühe gemacht, zwei Versionen der Übersetzung abzudrucken. Die eine frei, die den Abstand berücksichtigt, den wir heutzutage zu den Anfangsjahren des 2. Weltkrieges haben und eine, die ganz eng am englischen Original ist. Auf diese Weise kann der Leser ein noch tieferes Verständnis für den Text entwickeln.


Struwwelhitler ist in erster Linie ein historisches Zeugnis. Darüber hinaus verpflichtet uns Nachgeborene zur äußersten Vorsicht – auf sehr humorvolle Art und Weise. Ich gebe zehn von zehn Mussolinis

 
 
 

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