Ich finde Adventszeit ist die Zeit für Bücher. Denn die Vorweihnachtszeit eignet sich wie kaum eine andere Jahreszeit zum Vorlesen. Ungemütliches Wetter draußen, ein dampfend-heißes Getränke in der Hand. Da kann und sollte frau oder man sich Zeit nehmen zum Lesen – am besten eben zum Vorlesen. Deshalb kommen hier heute die drei ultimativen Weihnachtsvorlesebücher von mir.
Auf Platz eins und das mit großem Abstand landet Charles Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte“ – eigentlich ein Weihnachtslied in vier Strophen. Für dieses fantastische Werk aus dem viktorianischen Zeitalter muss man sich schon etwas Zeit nehmen zum Vorlesen. Tatsächlich habe ich es mehrmals gelesen, aber nie geschafft es ganz vorzulesen. Dickens schildert – und niemals hat das Verb „schildern“ eine größere Berechtigung gehabt als bei diesem Dickens Text – die bekannte Geschichte von Ebenezer Scrooge: Geizhals, herzlos, Weihnachtsfeind. Fun Fact am Rande: Als der bekannte Donald Duck-Zeichner, Carls Barks, den bekannten Dagobert Duck ersonnen hat, hat er ihm im Original ebenfalls den Namen Scrooge gegeben. Dickens führt uns in seiner Geschichte auf den ursprünglichen Weihnachtsgedanken zurück: Menschlichkeit und Geborgenheit. Seine große Kunst besteht darin, niemals komplett in den Kitsch abzugleiten – zugegeben an einigen Stellen ist es wirklich knapp; aber schön. Der Stoff wurde schon in vielen Varianten adaptiert. Von „Die Geister, die ich rief“ bis hin zur „Muppets Weihnachtsgeschichte“ – keine Adaption aber hat jemals das Original erreicht, das ist für mich die ultimative Geschichte, um in Weihnachtsstimmung zu kommen.
Platz zwei meiner Liste belegt Robert Gernhardt mit seiner kleinen Geschichte „Die Falle“. Gernhardt hat für die Satiremagazine „Pardon“ und „Titanic“ gearbeitet und uns eine Vielzahl an wirklich gelungenen Texten hinterlassen. Ich hatte das Glück ihn einmal während meines Aufenthalts an den Schulen des Deutschen Buchhandels in Frankfurt kennenlernen zu dürfen. Die bereits 1966 veröffentlichte Erzählung „Die Falle“ entführt uns in einen Berliner Bezirk für wohlhabende Familien. Bei Familie Lemm soll am Heiligen Abend ein Student den Weihnachtsmann spielen. Alles ist vorbereitet: Der Baum ist geschmückt, die Geschenke sind verpackt und der Student ist pünktlich. Als er als Weihnachtsmann verkleidet das Wohnzimmer betritt, wo strahlende Kinderaugen auf ihn warten, schnappt die Falle zu. Gernhardts Text ist schnell vorgelesen. Er ist urkomisch und für all die Menschen geeignet, die unterm Weihnachtsbaum nicht nur besinnlich sein wollen, sondern auch mal lachen.
Platz drei bildet wieder ein echten Klassiker: J. R. R. Tolkien „Briefe vom Weihnachtsmann“. Im Hause Tolkien war Geschichtenschreiben ein wichtiger Bestandteil des Familienlebens. So entstand beispielsweise „Der kleine Hobbit“ während des 1. Weltkrieges. Tolkien verfasste den Text für seine Kinder. Sein nicht weniger berühmtes Werk „Briefe vom Weihnachtsbaum“ ist ebenfalls für seine Kinder entstanden. In ihnen berichtet er als Weihnachtsmann von seinem Leben am Nordpol. Jedes Jahr schrieb er ihnen einen Brief. So entstand zwischen 1920 und 1942 eine stattliche Anzahl. In ihnen berichtet Tolkien über Alltagsproblem: Kranke Rentiere oder Schlittenhunde, die große Kälte und was sonst noch alles passiert. Alle Briefe wurden von ihm fein illustriert und sind bis heute ein Füllhorn an phantastischen Ideen. Ideal zum Vorlesen und überaus unterhaltsam für jedes Alter.
Von Dickens über Tolkien bis Gerhardt: Die literarische Vorweihnachtszeit bietet allerhand. Ob nun zum Vorlesen oder Selberlesen. Adventszeit ist eben Lesezeit.
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